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Ausgaben der heute letztmals erschienen Berliner Zeitschrift "Fußball-Woche". Fotos: Privat

© Privat

„Fußball-Woche“ hat vielleicht eine Zukunft: Berliner Fußball-Verband nimmt Stellung zum Aus der Zeitschrift

In seiner Replik auf einen Leserbrief an den Tagesspiegel erklärt BFV-Vize Thorsten Manske, warum der Verband die „FuWo“ nicht retten konnte. Und er gibt Hoffnung.

Stand:

Mit dem Ende der „Fußball-Woche“ verliert Berlin ein Stück Fußballgeschichte. Über ein Jahrhundert lang war die „FuWo“ mehr als nur ein Fachblatt – sie war ein wöchentlicher Begleiter, ein Ort der Anerkennung, ein Spiegel unserer Fußballkultur. Der Berliner Fußball-Verband (BFV) verneigt sich vor der Leistung der Redaktion, der freien Mitarbeitenden, der Herausgeberinnen und Herausgeber und all jenen, die dieses Medium über ein Jahrhundert mit Leben gefüllt haben.

Der BFV versteht die Enttäuschung und die emotionale Reaktion vieler Fußballfreundinnen und Fußballfreunde – auch die Kritik, die im Leserbrief „Ein Stück Berliner Fußballseele geht verloren“ geäußert wurde. Die Verbundenheit zur FuWo ist tief und der Schmerz über ihren Verlust ist nachvollziehbar. Auch uns im Verband trifft dieser Abschied schwer.

Als Vizepräsident Finanzen & Marketing des BFV, als Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Steuerrecht und nicht zuletzt als jemand, der sich frühzeitig – lange vor dem Beginn meiner Wahl in das Präsidium des BFV - für den Erhalt der Fußball-Woche engagiert hat und im Zuge der ersten Digitalisierungsbemühungen gemeinsam mit weiteren Unterstützern in den Gesellschafterkreis aufgenommen wurde, fällt es mir nicht leicht, die folgenden Zeilen zu schreiben.

Die FuWo war auch für mich ein Herzensprojekt. Umso mehr schmerzt es, dass wir im BFV nach sorgfältiger Prüfung aller Optionen und wirtschaftlichen Kennzahlen zu der Erkenntnis kommen mussten: Unter den gegebenen Umständen und innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit war eine Fortführung der FuWo durch den BFV nicht verantwortbar – weder wirtschaftlich noch im Hinblick auf die gemeinnützigkeitsrechtlichen steuerlichen Vorgaben. Die erforderlichen tiefgreifenden Veränderungen hätten zunächst erhebliche Mittel zum Ausgleich eines strukturellen Defizits und später Investitionen und Anpassungen erfordert, die der Verband in dieser Form zum Zeitpunkt der Insolvenzantragspflicht nicht leisten durfte oder auch nur zusagen konnte.

Gerade in diesem Zusammenhang ist es wichtig, einige Aspekte des Leserbriefes differenziert einzuordnen. Die Redaktion der FuWo selbst hat in ihrer letzten Ausgabe dargelegt, dass eine „toxische Mischung aus Einnahmerückgängen, Kostensteigerungen und fehlenden Investitionsmitteln“ zur Einstellung des Betriebes geführt hat. Diese bestehenden wirtschaftlichen Herausforderungen waren gravierend. Auch wenn sie nicht in der Verantwortung des BFV liegen, haben wir in den vergangenen Wochen intensiv Ressourcen im Rahmen des Projekts Future BFV eingesetzt, um alle möglichen Optionen einer Rettung sorgsam zu prüfen.

Wir verstehen auch die Überraschung vieler über das plötzliche Ende der FuWo „aus dem Nichts“. In den Gesprächen mit der Geschäftsführung der FuWo habe ich persönlich angeregt, offen die wirtschaftliche Lage zu kommunizieren und die Erhöhung des Abgabepreises zur Deckung der Kosten in Betracht zu ziehen, aber auch zu Spenden oder Unterstützung aufzurufen. Leider wurde dieser Weg, mit durchaus nachvollziehbaren Bedenken, nicht beschritten.

Unter dem Strich bleibt aber: Das plötzliche Aus war nicht schlagartig, sondern schleichend. Die intensive Arbeit hinter den Kulissen - unter Beachtung der erbetenen Vertraulichkeit - bleibt dabei naturgemäß im Verborgenen.

Der Ruf, die Politik oder der Verband hätten die FuWo retten müssen, ist emotional sicherlich nachvollziehbar, greift jedoch zu kurz und tut den Beteiligten Unrecht. Die Verantwortung für den Fortbestand eines journalistischen Mediums ist vielschichtig. Jede Zeitung trägt Verantwortung: Für die wirtschaftliche Entwicklung, die inhaltliche und strategische Ausrichtung sowie die Frage, wie ein Medium in einer wandelnden Medienlandschaft bestehen kann.

Die Verkaufszahlen, stagnierende Inserate und die Reichweite digitaler Angebote werfen die Frage auf, ob das Produkt in seiner von den Käufer*innen gewohnten Form bestehen bleiben konnte. Diese Frage ist unbequem, aber notwendig für uns alle – auch, um aus der Vergangenheit für die Zukunft zu lernen.

Der Berliner Fußball-Verband hat es sich mit dieser Erkenntnis wirklich nicht leicht gemacht. Deshalb soll der Prozess der Entscheidung kurz skizziert werden: Auf ausdrücklichen Wunsch der FuWo hat sich der Verband über acht Wochen hinweg intensiv und vertraulich mit möglichen Rettungsszenarien beschäftigt. In einem „Sprintprojekt“ wurden gemeinsam mit Teilen der Redaktion und einzelner Partner sowie eines Vereinsvertreters unter Einhaltung der Vertraulichkeit verschiedene Optionen geprüft.

Am Ende dieses Prozesses mussten wir schweren Herzens feststellen: Die als notwendig erachtete weitere digitale Transformation der FuWo hätte einen erheblichen zeitlichen und finanziellen Aufwand bedeutet. Unsere Analyse hat ergeben, dass der erforderliche Zeitraum für die wirtschaftlich zwingend notwendige weitere Veränderung der FuWo - und die damit verbundenen finanziellen Mittel – so umfangreich gewesen wäre, dass eine Finanzierung durch den BFV zum Zeitpunkt der Insolvenzreife nicht möglich war. Aufgrund der gemeinnützigkeitsrechtlichen Bindung unseres Vermögens hätte es dafür ein inhaltlich tragfähiges und satzungskonformes Fortführungskonzept gebraucht, das sich jedoch bis zum Verbandstag im November nicht in der nötigen Tiefe entwickeln ließ.

Ein Ende der Fußball-Woche muss jedoch nicht endgültig sein. Der Verband wird sich um den Erhalt des umfassenden Archivs bemühen und außerdem prüfen, wie die Marke „Fußball-Woche“ erhalten bleiben kann, wenn auch wahrscheinlich in einem neuen, zukunftsfähigen Format. Doch auch das braucht Zeit, Ressourcen und ein tragfähiges Konzept. Wir wollen diesen Weg gemeinsam mit unseren Vereinen und der Fußballfamilie gehen.

Wir danken den Verlegern und Herausgebern sowie der Redaktion für über 100 Jahre Engagement für den Berliner Fußball. Und wir danken allen Leserinnen und Lesern, die dieses Medium getragen haben. Jetzt liegt es an uns allen, gemeinsam neue Wege zu finden, um die Geschichten, die unseren Fußball ausmachen, auch künftig zu erzählen. Thorsten Manske, Vizepräsident Finanzen & Marketing. Berliner Fußball-Verband e. V.

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